Nahezu allabendlich, oder eher gesagt allnächtlich sind wir draußen unterwegs & kartieren neben Pflanzen & Vögeln vor allen Dingen Schmetterlinge.
Schmetterlinge sind Bioindikatoren, deren Existenz, oder eben das Gegenteil nämlich deren Verschwinden, immer Gründe hat. Der Verlust kann dabei unterschiedliche Ursachen haben, über die
Anwendung von Pestiziden, der für eine Art ungelegenen Witterung wie z.B. Dürre oder aber, & das trifft in den meisten Fällen zu, sind Lebensraumzerstörung & Verlust der Biotope
ursächlich.
Natürlich gab es Zerstörungen von Lebensräumen auch schon bevor es den Menschen gab, beispielsweise durch Überschwemmungen, Rutschungen, Feuer & anderen Umweltkatastrophen.
Jedoch sind dies natürliche Prozesse, die im Laufe der Erdentwicklung schon immer Bestand hatten & neben Zerstörung gleichzeitig auch stets neues Leben, bzw. den Platz für neues Leben
schufen. Auf einer überschwemmten Wiese gediehen danach durchaus Pflanzen, die zuvor dort nie wuchsen, weil die Böden zu trocken oder zu nährstoffarm waren. Geröllabgänge brachen den Boden auf
& setzten dort Initiale durch kleine Nischen & Spalten, in welchen Samen nach weiter Reise durch die Luft einen neuen Ankerplatz fanden & in dem geöffneten mineralhaltigen Grund
Wurzeln schlagen & gedeihen konnten. Weidenröschen verschiedener Arten sind ein gutes Beispiel dafür & lassen abgerutschte Hänge in den Jahren danach häufig in einem Meer von Weinroten
Blüten erstrahlen, bieten dort Nektar & Pollen, wo zuvor nie eine Blüte erschien.
Wenn z.B. aber ein kleines Moor erst entwässert & dann urbar gemacht wurde, um es in einen Kiefernforst oder einen Acker umzuwandeln, sind alle spezifischen Arten, deren An- & Besiedlung
zuvor durchaus Jahrtausende dauerte, verschwunden. Das gleiche gilt für die Aufforstung mit Reinkulturen, wie beispielsweise Erlenrabatten im Spreewald. In diesen Parzellen können beispielsweise
nur noch wenige Schmetterlingsarten existieren, denn nur einige Raupen weniger Arten fressen Schwarzerle. Schmetterlinge findet man aber immer & ausschließlich im Umfeld der Nahrungspflanze
ihrer Raupen.
Warum das so ist? Eigentlich ist es ganz einfach erklärt...ein Falter schlüpft aus seiner Puppe & ist ab dem ersten Moment gefährdet durch Spinnen-, Vogel- oder Libellenfraß, Nachts ganz
besonders von Fledermäusen bejagt, hat er keine Zeit tagelang das Leben zu genießen, sondern beginnt unmittelbar nach dem Schlupf einen Partner/Partnerin zu finden, sich zu verpaaren & die
Eier an oder neben die Futterpflanze zu legen.
Schon ist das Ziel erreicht, der Erhalt der Art durch Vermehrung.
Nun, so einfach das auch klingen mag, so einfach dieses Lebenskonstrukt auch zu sein scheint, so fragil ist es andererseits auch, denn bricht nur einer der wenigen, aber elementaren Bausteine
weg, wars das schon mit dem Fortbestand.
Zudem müssen die meisten Arten auch Energie tanken, was sie am Nektar von Blütenpflanzen, oder an zuckerhaltigen Baumsäften tun.
Immer müssen also Tankstelle & spezifische Raupenfutterpflanze dicht beieinander sein, denn ein weiter Flugweg über mehrere Hundert Meter zwischen Fortpflanzungsstelle & Nektartanke hätte
gleichsam auch stets das Risiko zur Folge, an einem der beiden Orte nicht mehr wohlbehalten anzukommen.
Und wenn ihr nun überlegt, wo denn Wild-blumenreiche Wiesen, abwechslungsreiche alte & urige Wald- & Heckenlandschaften nah beieinander liegen, wird Euch auffallen, dass es
diese Konstellationen eigentlich nur noch in vielgestaltigen, abwechslungsreichen Landschaften, häufig sind dies Schutzgebiete, gibt, denn unsere übrige Landschaft ist derartig zerschnitten,
zersiedelt & übernutzt. Ein Blick in GoogleMaps Satellitenansicht offenbart diese Zustände im Prinzip bundesweit.
Deshalb suchen wir, wenn wir es auf eine spezielle Art & deren Nachweis „abgesehen“ haben, nicht nach dem Falter direkt, sondern zuerst nach Standorten an welchem deren Futterpflanze wächst.
Als Beispiel nehmen wir mal die Weißpunkt-Ulmeneule - Cosmia diffinis. Eine deutschlandweit extrem seltene Art (siehe nachfolgende Fotogalerie). Diese Art erreicht in einigen Bereichen des
Spreewaldes, besonders in den Baumartenreichen Laubwaldgebieten in denen die Flatterulme auftritt, gute Bestände.
Die Raupe deren Art frisst aber nicht einfach irgendwo an einer Ulme, sondern einzig an sonnenbeschienenen, sich erwärmenden Waldrandzonen & dort dann auch nur an den unteren überhängenden Ulmentrieben. Ulmen die also mittig in Baumbeständen stehen sind für diese Art im Prinzip vollkommen belanglos. Die Art benötigt ein bestimmtes Mikroklima, welches eben nur an den gerade genannten Standorten zu existieren scheint.
So komplex das alles auch schon nur für diese einzelne Art klingt, ist es jedoch für viele Arten. Hunderte von den mittlerweile knapp 1.000 Schmetterlingsarten die nun z.B. bereits im Spreewald nachgewiesen haben, benötigen ganz besondere Pflanzen & explizite Standorte. Aber all dies ist stets gegeben, in naturnahen, urtümlichen Waldkomplexen, denn in diesen urigen Gebieten ist einfach für jede Art irgendwo ein Plätzchen frei...hier scheint die Sonne mal in eine Lücke, wo eine große umgekippte Eiche eine breite Schneise geschlagen hat, dort ist ein feuchtes Eckchen an welchem die Raupe der extrem seltenen Idia calvaria, der Dunkelbraunen Spannereule im Verborgenen an altem Laub frisst & dort blüht auf einer extensiv bewirtschafteten Spreewaldwiese noch das Kreuzblümchen, der einzigen Futterpflanze der raren Kreuzblümchen-Bunteule - Phytometra viridaria....
Abwechslung bedeutet Artenreichtum! Monotone Wald- & Feldwirtschaft erzeugt ruckzuck das Gegenteil, nämlich vollkommen Artenarme Landschaften & leider trifft das auch immer mehr auf den Spreewald zu, auch wenn der erste Eindruck dies nicht vermuten lässt.
Der allgemeine Rückgang der Insekten, ganz besonders auch der Schmetterlinge ist mittlerweile von jedermann bemerkbar. Generationen die sich noch 30-40 Jahre zurückerinnern können, kennen noch die Falterreichen Wiesen, die Insektenreichen Feldraine auf dessen Köpfchen der vielen Wildstauden immense Anzahlen von Schwebfliegen, Käfern & natürlich auch den bunten Edelsteinen der Luft saßen. Diese Zustände können zurückgeholt werden, wenn den Tieren nur ein kleines Stück mehr Platz gelassen wird. Man muss es nur zulassen & vor allen Dingen aufhören, alles aufzuräumen, zu überformen, passend zu machen & zu übernutzen, denn Natur ist niemals aufgeräumt & steril, dafür aber bunt & schön !
Sebastian Fuchs
Alle Fotos der nachfolgenden Galerie © Sebastian Fuchs