Fliegende Juwelen im Spreewald

Manchmal geschieht etwas, was weder absehbar noch kalkulierbar ist & erfreut einen umso mehr wenn's dann doch passiert....

 

So geschehen in diesem Sommer im Spreewald & drei weiteren Orten in Brandenburg.

 

Eine der schönsten europäischen Schmetterlingsarten hat sich vermehrt auf dem Weg Richtung Norden gemacht & ist dabei auch in Lübben & Lieberose eingetroffen.

An beiden Orten konnten Reproduktionsnachweise dieses wunderschönen & großen Nachtfalters erbracht werden.

 

Aber wie genau & auf welchen Umwegen es dazu kam, erfahrt Ihr weiter unten im Text.

 

Links, bzw. oben im Bild seht Ihr die außerordentlich gut getarnte Jungraupe des Oleanderschwärmers an seiner Futterpflanze, dem namensgebenden Oleander. Die Raupe ahmt mit ihrem weißen Längsband die Mittelrippe eines Oleanderblattes nach. Auch die Grundfärbung welche von hell zu dunkel changiert & damit ebenfalls die helle Blattunterseite, bzw. die viel dunklere Blattoberseite imitiert, ist perfekt gelungen. Aber die beste Tarnung half hier nichts, denn der Besitzer des Oleanderbusches hat dieses Tier an seinem Strauch in Lieberose entdeckt & auf Fotos festgehalten.

 

 

Gut genährt hält das Tier hier ein Mittagsschläfchen, zieht dabei das erste Kopfsegment ein & bildet damit eine gänzlich grüne Kontur in allen Körperteilen.

 

Fühlen sich die Tiere gestört & geraten gar in Gefahr durch das Aufspüren von Vögeln oder anderen Prädatoren, ändert sich das Verhalten der Tiere sofort.

Die Raupen strecken sich in die Länge wodurch wohl eine größere Statur erreicht werden soll & überstrecken die ersten Kopfsegmente. Aus diesen treten dann 2 türkisblaue Scheinaugen hervor, welche wirklich toll aussehen & andere Tiere zum Ablassen vom Objekt der Begierde bewegen sollen.

Wie das ausschaut könnt Ihr ganz unten im Fotoslider anschauen.

 

Auch dieses Raupenfoto hier stammt von der Lieberoser Familie. Sie fanden die Tiere in dieser Position sogar niedlich. Ich übrigens auch ;)

 

Hier sieht man den fertigen Falter, welcher aus der zuvor abgebildeten Raupe aus Lieberose in meiner Obhut, gerade einmal 4 Wochen später schlüpfte.

 

Der Oleanderschwärmer ist vorwiegend in den Subtropen & Tropen der Alten Welt beheimatet, also im südlichen Mittelmeerraum von Nord-& Mittelafrika, über den Nahen Osten, Indien, die Türkei, bis nach Südostasien & die Philippinen. Auch auf Sizilien & in Griechenland kommt die Art an wärmebegünstigten Standorten dauerhaft vor.

 

Der stattliche Oleanderschwärmer gehört, wie einige andere Arten auch, zu den Wanderfaltern & kann durchaus bis in den hohen Norden nach Skandinavien vordringen. Auch weite Flüge bis nach Südasien & Japan sind dokumentiert.

 

In den meisten Jahren gelangen nur einzelne Tiere nach Mitteleuropa, in manchen Jahren aber wohl auch größere Anzahlen von Faltern. So ein Jahr scheint 2o24 auch gewesen zu sein & hat sich nicht nur in Brandenburg, sondern auch vielen anderen Bundesländern durch die Funde von Eiern, Raupen & Puppen dieser Art geäußert.

 

Begonnen hat die diesjährige Invasion der Art in Brandenburg, mit dem Fund von den recht auffälligen & großen Eiern der Art. Ein Enkel entdeckte beim gemeinsamen Gießen mit seinem Großvater, die auffälligen Punkte an den Oleanderbüschen. Und da der Großvater zufälligerweise ein Schmetterlingskundler ist, war die Schlussfolgerung für ihn naheliegend & bestätigte sich kurze Zeit später durch den Schlupf der sehr hübschen jungen Raupen mit dem auffällig langen Analhorn. 

 

 

Zwei weitere Funde von Raupen bei Spremberg & Eberswalde ließen uns nun doch etwas ungeduldiger werden & jeden Oleander bei Nachbars, in Ortschaften oder gar im Park Sanssoucii genauer absuchen. Die Fraßspuren der großen Raupen wären nicht zu übersehen.


Allerdings wurden wir vorerst nicht fündig.

 

Dann kam es, dass in Lieberose ein aufmerksamer Bürger an seinen Oleanderpflanzen, welche zudem noch regelmäßig als Dekoration bei Trauerreden dienlich sind, die hübschen Raupen entdeckte. Ebenfalls nur durch bereits angenagte Blätter wurde er aufmerksam auf die neue Situation.

Nach Recherche im Internet fand er schnell heraus, dass es sich um eine ganz besondere & zudem seltene Art handelte & informierte einen Nachbarn, der berufsbedingt viel mit Natur in Kontakt kommt. Leider stockte hier die Weiterleitung der Information & erst nach längerer Zeit erfuhr ich davon, nahm umgehend Kontakt mit dem Besitzer auf & fuhr nach Lieberose.

Die Raupen waren bereits längere Zeit nicht mehr an den Pflanzen zugegen & hatten sich sehr wahrscheinlich aus dem Staub gemacht, um sich an einem ruhigen Plätzchen zu verpuppen.

 

Von den ursprünglichen 6 Raupen waren bis auf eine einzige Puppe, alle weiteren verschwunden.

Warum das so ärgerlich ist erfahrt Ihr weiter unten in einer noch unglaublicheren Geschichte....

 

Die gefundene Puppe seht ihr auf dem Foto hier oben in meiner Hand. Markant gefärbt & ziemlich groß...das Ergebnis aus dieser ist der Falter auf dem roten Untergrund auf einem der vorherigen Fotos.

 

 

Dieses Foto zeigt 7 Puppen, welche allesamt im oberen Substrat des Oleanderkübels in Lübben gefunden wurden. Die beiden unteren Puppen haben bereits erkennbare Kälteschäden & sind leider abgestorben.

 

Wenn man nun aber glaubt, dass die erste Geschichte ein Glücksfall war, dann hört Euch mal die nächste Story von den Lübbener Oleanderschwärmern an ;)

 

Nachdem ich in einigen Foren & einer WhatsappGruppe schon ausführlich von dem schönen Fund in Lieberose berichtete, meldete sich eine Freundin bei mir mit der Aussage, dass die Mutter ihrer Freundin auch Oleanderschwärmerraupen im Garten beobachten konnte.

Anfangs war ich skeptisch, denn  die Bestimmung dieser seltenen Art führt oft zu anderen Arten, mit welchen die Raupen verwechselt wurden.

Nungut, ich bat um den Kontakt der Freundin & schrieb ihr. Leider erhielt ich nicht umgehend eine Antwort & war verunsichert....aber dann kam die ersehnte Whatsapp &  nach kurzem Dialog erhielt ich den Kontakt der Mutti & telefonierte daraufhin mit ihr.


Was ich dann erfuhr bringt mich heute noch etwas zum schmunzeln. :-)

Erstens befindet sich der neue Fundort auch in Lübben, also keine 10 Minuten entfernt von mir. Aber die Geschichte die sich im Garten der netten Familie vollzog, hätte besser nicht laufen können, sodass die junge Frau mir berichtete, noch mehrere Puppen in ihrem Oleandertopf zu haben.

Die Familie entdeckte, ähnlich wie die anderen Finder, die Raupen an ihrem außergewöhnlich großen Oleander & wussten zuerst nicht so recht, was sie mit diesen tun sollten. Nachdem sie fast eliminiert hätten werden sollten, führte eine Recherche im Netz auch hier zur Artbestimmung & dem Wissen um eine vermutlich seltene Art. Desweiteren ist die Tierliebe der Besitzerin so groß, dass sie die Tiere einfach nicht entfernen lassen wollte.

Beim Aufenthalt der Familie in ihrem Garten, saßen die Raupen anfangs tagelang still & unauffällig in ihrem Busch & knabberten Blatt für Blatt in sich hinein, düngten mit ihren umfangreichen Hinterlassenschaften den schönen Oleander & hätten kein schöneres Leben haben können.

Als dann aber die Zeit fortschritt & die Tiere sich in ein leuchtendes Orange umfärbten & nervöser wurden, begannen diese sich alsbald auf den Weg zu machen...fort von ihrem Busch, hinaus aus dem großen Kübel & über den Rasen, einzig mit dem Ziel, ein schönes Plätzchen zum Verpuppen zu suchen.

Aber diese hatten die Rechnung nicht mit Elly gemacht, der Familienhündin. Diese fand Gefallen an den großen Raupen & sorgte damit bei den Besitzern für Bauchschmerzen. Denn die Info, dass die Raupen nach Aufnahme des Cardenolidglykosides, einem Gift das in den Blättern der Futtterpflanze vorkommt, auch giftig sein könnten, hat sie folgendes tun lassen, was sich im Nachhinein als genau richtig erwiesen hat....

 

 

Die Besitzerin von Elly hat jede einzelne Raupe wieder in den Topf zurückgesetzt, dabei aber bemerkt, dass diese immer wieder flüchten wollten. Aus Sorge dass der Familienhund sich doch an einer Raupe gütlich tun könnte, legte sie nun einige Blätter Küchenkrepp auf die Erdoberfläche im Kübel & machte damit wieder genau das Richtige, denn nun hatten die Raupen das was sie wollten, ein kleines Dach über dem Kopf, mehr Wärme & Schutz & begannen sich alsbald zu verpuppen.

 

Der großen Aufmerksamkeit der Familie haben wir es zu verdanken, dass die Puppen die folgenden Tage überstanden haben, denn eines verträgt der Oleanderschwärmer, bzw. seine Puppen überhaupt nicht & das ist Kühle. Bereits bei Temperaturen unter +10°C kann es zu einem Absterben kommen & die Nächte nach der Verpuppung hatten bereits Frost. Deshalb bat die Lübbenerin ihren Mann, den riesigen Kübel in den Bungalow zu stellen & wieder tat sie alles Richtige & rettete den meisten der Puppen damit das Leben. Da die Falter hier in unseren Breitengraden zumeist gar nicht bis zum Schlupf kommen, bzw. selbst wenn dieser gelänge, überhaupt keine Chance des Überlebens bestünde, habe ich die Tiere mitgenommen, zum Schlupf gebracht & in wissenschaftlichen Sammlungen eingeordnet. Dort haben sie nun bestand für alle Zeiten & dokumentieren mit ihrem spezifischen Schildchen, Fundort, Datum, Finder/-in & einige weitere Daten.

 

Es mutet zwar traurig an, die Tiere zu präparieren. Mir tut dies selbst leid, gerade weil diese so groß & schön sind, aber um es nochmal ganz klar & eindeutig zu sagen.... die Puppen wären bereits in den nachfolgenden Tagen abgestorben. Kein Falter wäre hier bei uns je zum Schlupf gelangt. Leider.

 

Wir danken auf jeden Fall der Familie in Lieberose, sowie der Familie aus Lübben für Ihr Vertrauen & die Sorgsamkeit um die Tiere.

 

 

Eine der Puppen kurz vor dem Schlupf. Deutlich sieht man schon die Flügelzeichnung durch die Puppenhülle & selbst das Tapetum lucidum, also die reflektierende Schicht hinter der Netzhaut im Auge, zeigt sich schon deutlich & lässt die Augen des Nachtfalters schon stark leuchten, nachdem ich die Zimmerbeleuchtung angeschaltet habe.

 

Hier ist klar, steht der Schlupf ganz kurz bevor.

 

 

Diese Karte zeigt alle bekannten Funde dieser spektakulär schönen Art für  Brandenburg & entstammt der Seite www.schmetterlinge-brandenburg-berlin.de.


Dort können Interessierte selbst Meldungen eingeben oder auch abfragen, wann & wo welche Art entdeckt wurde, wie die Verbreitung einzelner Arten in  Brandenburg ist & auch Tipps zum Umgang mit dem eigenen Garten in Hinblick auf Insektenfreundlichkeit erfahren.

 

Zurück zur Karte.....die rot umrahmten Fundpunkte sind die Nachweise aus dem Jahr 2o24. Das sind mehr Nachweise in einem Jahr als in den letzten 145 Jahren zusammen.

Der graue Punkt links oben stammt aus dem Jahr 1986. Der schwarze Punkt westlich von Berlin aus dem Jahre 2016. Der weiße Punkt ganz im Osten bei der Oder aus dem Jahre 1880. Und der schwarze Punkt links unten im Südwesten Brandenburgs stammt aus der Herzberger Gegend & aus dem Jahre 2005.

Auch hier wurden mehrere Raupen an einem Oleander gefunden. Die anderen Funde betrafen zumeist Imagos, also fertig entwickelte Falter.

 

Wir sind gespannt wie die Entwicklung dieser Art weitergeht, denn mit den uns allseits bekannten klimatischen Veränderungen, wird auch der Oleanderschwärmer durchaus häufiger bei uns anzutreffen sein.

Wer so ein Tier, egal ob Raupe oder Falter einmal findet, den bitte ich höflich, mit mir Kontakt aufzunehmen. DANKESCHÖN.

 

Fotos 1,2 & 6 © Fam. K aus Lieberose
Text &  restliche Fotos © Sebastian Fuchs

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