Schleiereulen im Spreewald

Ein alter Schlauchturm dient als Standort für einen großen Nistkasten. ©S.Fuchs
Ein alter Schlauchturm dient als Standort für einen großen Nistkasten. ©S.Fuchs

Vor 4 Jahren installierten der Besitzer dieses Gebäudes & ich einen großen Nistkasten in dem ehemaligen Feuerwehrschlauchturm im Spreewald, in der Hoffnung, Gebäudebrütern dort eine Möglichkeit zur Fortpflanzung zu schaffen.

 

Der Einbau dieses großen & sperrigen, knapp 25kg schweren Holzklotzes war hier recht einfach möglich, da der Zugang simpel war, der Besitzer tüchtig mithalf & über hervorragendes handwerkliches Geschick verfügte. An anderen Orten wie Kirchen oder verbauten Dachstühlen ist alleine der Transport der knapp 1,2m langen Kästen hinauf über Wendeltreppen etc. durchaus herausfordernd.

Aber das Ziel vor Augen, die Nistmöglichkeiten dann allerdings dauerhaft dort eingebaut zu haben reicht häufig aus, um die mühsamen Arbeiten auch motiviert abzuschließen.

 

 

 

 

 

 

Blick aus dem neu aufgebauten Kasten in die untergehende Abendsonne. ©S.Fuchs
Blick aus dem neu aufgebauten Kasten in die untergehende Abendsonne. ©S.Fuchs

Die Wahl des Standortes bestimmt zumeist auch die zu erwartenden Arten, welche den Kasten dann möglicherweise als Brutplatz nutzen würden. Hier waren es Turmfalken & Schleiereulen, mit etwas Glück auch Dohlen, welche für einen Besatz in Frage kamen.

 

Das naturbelassene Umfeld mit vielen extensiv bewirtschafteten Wiesen, Weidetierhaltung & Ställen, sowie Waldsäumen, Hecken & Gebüschreihen, sowie  Feuchtflächen in der Nähe, lassen auf gute Jagdgebiete mit vielen Kleinnagern wie Wühl-, Feld- & Spitzmäusen, sowie Insekten & Amphibien hoffen & steigern die Chance auf einen erfolgreichen Besatz durch eine der Zielarten deutlich.

 

 

Turmfalken haben den Kasten schnell entdeckt & angenommen. ©S.Fuchs
Turmfalken haben den Kasten schnell entdeckt & angenommen. ©S.Fuchs

Und es dauerte auch nicht lange bis die ersten Turmfalken am Kasten auftauchten & lautstark die Vereinnahmung verkündeten.

 

Die Besitzer des Turmes waren darüber sehr erfreut & konnten nun täglich die Einflüge der schönen Tiere beobachten. Häufig saßen die Falken auf dem Eingangsportal & sonnten sich dort entspannt (siehe nebenstehendes Foto).

 

Alsbald waren die ersten Eier im Nest & so gelangen 2 Jahre nacheinander erfolgreiche Bruten mit jeweils 4 & 6 flüggen Turmfalken.

 

Turmfalken sind sehr erfolgreiche Jäger & schleppen während der Jungenaufzucht teils im Minutentakt neue Nahrung für die Jungen herbei. Diese bestand bei unseren Tieren vorwiegend aus Feldmäusen, Insekten wie Heupferden, Warzenbeissern, Mistkäfern, aber auch Eidechsen. Im Prinzip wird jede Nahrung genommen, welche die kleinen Vögel überwältigen können.

 

 

Turmfalken sind zwar wunderschöne Tiere, aber auch keine seltene oder bedrohte Art & von daher wäre es natürlich schön, wenn auch eine Art den Kasten besetzen würde, welche wirklich schutzbedürftig ist & direkt durch unsere Maßnahme gefördert werden würde.

 

Die Schleiereule ist so ein Kandidat & war von Anfang an unsere klare Zielart.

 

Schleiereulen stehen in Brandenburg mittlerweile auf der Roten Liste in der Kategorie 1 & gelten damit als 'vom Aussterben bedroht'. Sie sind somit in der gleichen Kategorie wie Schwarzstorch, Sumpfohreule, Großtrappe & Schreiadler anzutreffen & zählen damit schlicht zu den seltensten Vogelarten in Brandenburg.


Bei diesen raren Arten zählt mittlerweile jedes einzelne Tier & umso erfreulicher ist es, wenn sich so eine Art dann auch wirklich einfindet. Vorneweg....es hat bei uns geklappt ;)

 

Warum aber sind denn die einstmals so allgegenwärtigen wunderschönen Schleiereulen heute so selten in unseren Regionen?

Die Schleiereule ist weltweit verbreitet & kommt in den gemäßigten Klimazonen vor.  Sie brütet durchaus auch in großen Baumhöhlungen, in Felsmulden oder seltener auch in Erdbauten von Kaninchen. Die Art ist sehr anpassungsfähig & scheut auch keinesfalls die Nähe des Menschen, weshalb sie in früheren Zeiten sogar auf den Höfen erwünscht war, jagten sie dort nämlich sehr effizient kleinere Mäusearten wie Haus- & Brandmaus, aber auch jüngere Ratten & größere Kerbtiere.

Im Prinzip gilt diese Vogelart sogar als eine der unmittelbarsten Kulturfolger überhaupt. Soll heissen, dass ein Überleben ohne die Anwesenheit von Menschen, bzw. ihrem Tun & Handeln in landwirtschaftlichen Bereichen kaum mehr möglich ist. Diese Abhängigkeit  fordert aber durch die Industrialisierung der Landwirtschaft nun ihren Tribut. Direkt & indirekt!

 

Gerade in schneereichen Wintern sind Schleiereulen fast ausnahmslos im Inneren von Gebäuden auf der Jagd & dezimieren dort die unliebsamen Nager. 

Man kann sogar sagen, dass die Eulen ohne diese Option der Jagdmöglichkeiten schlechte Karten haben, denn die größten Verluste erlebt diese Art in schneereichen Wintern. Andere Eulen vermögen es auch im Tiefschnee erfolgreich Kleinnager zu fangen, weichen auf andere Nahrung aus, oder ziehen aus den Gebieten ab, in schneeärmere Regionen.

Alles keine Option für die Schleiereule, denn diese Tiere verbleiben in ihrem Revier & sterben dort durchaus am Hungertod, denn es gibt immer weniger offene zugängliche Scheuen & erst recht keine großen Mengen von Mäusen in diesen Gebäuden, welche im Winter eine gute Überbrückung für die schönen Tiere boten.

Somit haben nachweislich besonders starke Winter wie jener aus dem Jahr 1978/79 & der schneereichere Winter 2009/2010 bei den Populationen zu starken Einbrüchen geführt, welche sich bis heute nicht mehr auf das vorherige Niveau erholt haben.

Vermutlich spielen die Randbedingungen, nämlich auch die immer stärker schwindenden Brutplätze, sowie die intensivere Landwirtschaft & das damit sinkendes Nahrungsangebot eine bedeutsame Rolle für den Rückgang.

 

Zumindest bei der Bereitstellung der Brutmöglichkeiten kann der Mensch sehr einfach helfen. Wer Bedarf hat & auch etwas für diese Tiere tun will, kann gerne Kontakt mit dem NABU Spreewald oder dem Biosphärenreservat Spreewald aufnehmen. 

 

 

Wer genau hinschaut, sieht eine Schleiereule am Eingang des Kastens sitzen. ©S.Fuchs
Wer genau hinschaut, sieht eine Schleiereule am Eingang des Kastens sitzen. ©S.Fuchs

In diesem Sommer war es endlich soweit. Ganz unverhofft ertönten nach Einbruch der Dunkelheit auf einmal sehr merkwürdige Töne aus dem Turm. Die Besitzer meldeten sich deshalb bei mir & wollten gerne wissen, um welche Tiere es sich bei diesen sonderbaren Klängen handelte, die nun gar allabendlich in den lauen Sommernächten erklangen & irgendwie an reibendes oder quietschendes Metall erinnerten.

 

Bei der Beschreibung war mir sofort klar um was es sich hierbei handelte & freute mich sehr, über die jahrelang so ersehnte Nachricht.

 

In den nachfolgenden Nächten nach der ersten Mitteilung, hörte man die Rufe der beiden Schleiereulen weit durch das Dorf schallen. Jeden Abend flogen die beiden Tiere um den Turm & häufig auch in den Kasten hinein. Es war schnell klar, dass dieses Paar auch zur Brut schreiten wird.

 

Leider hatten wir bis dahin noch keine Kamera im Kasten verbaut & wussten nicht viel über die Anwesenheit der Tiere. Natürlich verzichteten wir darauf den Kasten zu öffnen & dabei eventuell die Brut zu stören, um die Kamera einzubauen. Wir hatten Geduld & wollten abwarten, bis die Eulen fertig waren mit ihrem Brutgeschäft.

 

Irgendwann gab es allerdings immer weniger Anzeichen einer Anwesenheit der Tiere & mein Gefühl, dass hier etwas schiefgegangen ist, bestätigte sich einige Wochen später dann leider auch.

 

 

Verlassenes Schleiereulengelege im Kasten. Daneben liegen, für diese Art typisch, sehr viele & sehr große Gewölle & Beutetiere. ©S.Fuchs
Verlassenes Schleiereulengelege im Kasten. Daneben liegen, für diese Art typisch, sehr viele & sehr große Gewölle & Beutetiere. ©S.Fuchs

Beim Blick in den Kasten war klar, dass die Tiere die begonnene Brut aus unerfindlichen Gründen aufgegeben haben. Im Kasten lagen 4 kalte Eier & keinerlei frische Gewölle mehr. Schade aber nicht zu ändern. Was letztlich geschehen ist bleibt Spekulation. Eventuell ist eines der Eltern verunglückt, oder einem anderen Tier zum Opfer gefallen...wir wissen es nicht & werden es auch nicht mehr herausfinden. Natur ist manchmal hart & unerbittlich. Aber lieber ein zeitiger Verlust eines der Elterntiere während die Eier noch nicht ausgebrütet waren, als später verhungerte Junge im Kasten zu finden.

 

Die Annahme durch Experten bei der späteren Untersuchung der Gewölle & der Einstreu, dass ein Marder Schuld an der Aufgabe sei, ist nicht korrekt. Der im Einstreu gefundene Marderkot ist vermutlich bei der Einbringung durch uns mit hinein gelangt. Ein Marder erreicht den Kasten nämlich nicht. Die vollkommen unbescholtenen Eier sprechen auch gegen einen plündernden Marder.

 

 

 

Schleiereuleneier sind sehr klein & wie alle Euleneier...rein weiß. ©S.Fuchs
Schleiereuleneier sind sehr klein & wie alle Euleneier...rein weiß. ©S.Fuchs

Die Chance des leerstehenden Kastens nutzten wir nun aber aus & installierten schnell die Kamera, welche schon lange bereit lag, aber aufgrund der anwesenden Eulen ebend nicht eingebaut werden konnte.

 

Nun sind wir im Bilde & können alle Tiere welche in den Kasten kommen, vollkommen störungsfrei beobachten, wie Ihr im unten angehangenen Video auch sehen könnt.

 

Einige Zeit stand die Kamera still...kein Bewegungsalarm erfolgte, bis dann plötzlich, nach mehreren Monaten der Abwesenheit, wieder eine Schleiereule in den Kasten trat & den Alarm auf unseren Handys auslöste. Das Tier war anfangs etwas neugierig & blickte in Richtung der Infrarotkamera, war dann aber keinesfalls ängstlich & stellte sich kurzzeitig sogar direkt unter die Linse & starrte diese an.

 

Nach einigen Tagen war dann abermals eine Schleiereule für kurze Zeit im Kasten anwesend.

 

Wir werden also sehen, ob im Jahr 2o25 die Turmfalken oder die Eulen, oder gar beide zur Brut im alten Schlauchturm schreiten werden & Euch natürlich auf dem Laufenden halten.

 

Dieser Kasten war lediglich einer von 9, welchen ich im Spreewald verbaut habe & bisher der einzige, in welchem sich Schleiereulen niedergelassen haben. Die Art ist & bleibt selten & eine Garantie für einen Besatz gibt es nicht. Allerdings bleibt die Wahrscheinlichkeit ohne Kasten bei 0%. Von daher...versucht es!

Meine Kästen habe ich fast alle vom Biosphärenreservat Spreewald erhalten. Gebaut wurden diese vom Weißstorchenzentrum Vetschau. Und solltet Ihr auch eine Kamera installieren wollen MÜSST Ihr eine Infrarotkamera nehmen. Dieses Licht können die Tiere nicht wahrnehmen. Eine Kamera mit regulärer Beleuchtung oder gar Blitzlicht ist katastrophal für die extrem Lichtempfindlichen Augen der Tiere & würden bei Nutzung umgehend zu einem Verlassen des Nistkastens führen.

 

Unser Kameramodell heißt "reolink e1 Indoor".

 

 

Gewöllanalyse aus den Hinterlassenschaften im Kasten. ©S.Fuchs
Gewöllanalyse aus den Hinterlassenschaften im Kasten. ©S.Fuchs

Dankenswerter Weise haben 2 Freunde die im Kasten befindlichen Gewölle in Augenschein genommen & auf die gefressenen Beutetiere untersucht. Besonders bemerkenswert ist der erstmalige Fund einer Maulwurfsgrille als Beutetier einer Schleiereule.

 

Aber lest selbst:

 

"...im Anhang findet Ihr die Gewöllanalyse aus xxxxxxxx.

Die Schleiereulenbrut wurde wahrscheinlich aufgegeben da sich zwischen den Gewöllen auch Marderkot befand.

Das Artenspektrum ist breit gefächert, auffällig sind die vielen Feldmäuse, das Fehlen der Erdmaus, die vielen Gartenspitzmäuse und die im Verhältnis wenigen Feldspitzmäuse. Die zahlreichen Schermäuse und die Nordischen Wühlmausnachweise, weisen unter anderem auch auf ein Jagdgebiet von mit Binsenbewachsenen Feuchtwiesen hin. Der seit Jahren rückläufige Trend bei den Waldspitzmäusen wird auch in dieser Probe sichtbar.

Auch wenn die Maulwurfsgrille nicht selten ist, so ist es dennoch für uns das Erste mal das diese Art im Gewöll gefunden wurde.

Beste Grüße 

 

 

Gabriel und Benjamin Pelz"

 

Alle Fotos & Text © S.Fuchs

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Martsche (Montag, 06 Januar 2025 10:56)

    Hallo Sebastian.
    Toller Beitrag, sowohl hier in Schriftform als auch draußen im wahren Leben…Danke für Deinen unermüdlichen Einsatz für die Natur, wenn auch unter teils schwierigen gesundheitlichen Bedingungen.
    #SebastianforUmweltminister :)

  • #2

    Peter (Montag, 06 Januar 2025 17:34)

    Dem kann ich mir nur anschließen: Super ��